In der Lehrforschung This is the End? werden Sie, der Name ist Programm, selbst eine soziologische Untersuchung durchführen. Sie werden eine Studie zu einem empirischen Fall von „Aufhören“ schreiben, auf den Sie Ihr Erkenntnisinteresse richten möchten. Dabei werden wir Sie eng begleiten.
Die gemeinsame Lehrforschung ist auf zwei Semester angelegt. – Im Sommersemester entwickeln wir umsetzbare Forschungsdesigns und beschaffen das erforderliche Untersuchungsmaterial (wir formulieren das mal bewusst breit), um die jeweils aufgeworfenen Problemstellungen anzugehen. Dafür diskutieren wir bereits vorliegende Studien zu Prozessen des Aufhörens, um methodologische und theoretische Inspirationen für das eigene soziologische Arbeiten zu gewinnen. Ebenso befassen wir uns damit, was es forschungspraktisch und methodologisch heißt, ein soziologisches Argument im Rahmen einer Fallstudie zu formulieren und überzeugend zu begründen. Es handelt sich dabei um eine problemorientierte und empiriegeladene Theoriearbeit, wenn Sie so wollen. – Im Wintersemester arbeiten Sie Ihr soziologisches Argument zu der von Ihnen verfolgten Problemstellung aus und schreiben eine Studie, die sich am Modell des wissenschaftlichen Fachartikels orientiert. – Didaktisch ist die Lehrforschung daher sowohl als intensiver Arbeits- und Beratungskontext für eigene Forschungsarbeiten angelegt als auch als Lektüreseminar und Schreibwerkstatt. Dabei werden wir uns immer wieder auch mit empirischen Materialien zu Fällen des Aufhörens auseinandersetzen.
„Prozesse des Aufhörens“ sind auf den ersten Blick sicherlich ein merkwürdiger Untersuchungsgegenstand. Und auf den zweiten Blick womöglich auch. Was ist also gemeint? – Nun, das Augenmerk soll darauf liegen, dass Menschen mit- oder auch gegeneinander damit befasst sind, mit einer Sache aufzuhören. Es handelt sich dabei nicht im engen Sinne um physische Objekte. Das wäre zu kurz gedacht. Es geht hier um „soziale Dinge“ (Charles Lemert), die durch das Zutun mal vieler, mal nur weniger Beteiligter ihre Bedeutung erlangen. (In der Soziologie sprechen wir je nach theoretischer Präferenz auch von „sozialen Tatsachen“, „sozialen Objektivationen“ oder „sozialen Praktiken“ u. ä.). Sich im Bäckereifachgeschäft in die Schlange stellen – das eigene Auto nah an der eigenen Wohnung abstellen – sich grüßen – Autoteile in einer bestimmten Reihenfolge montieren – sich aus Schützengräben heraus beschießen – wöchentlich ein Meeting im Kalender stehen zu haben, das nie zu irgendeinem Ergebnis führt – eine Paarbeziehung führen – und und und. Sie können an unzählige soziale Dinge denken, die Menschen mit- und gegeneinander herstellen. Sie können aber eben auch an vielfältige soziale Dinge denken, die Menschen mit- und gegeneinander beenden.
Aufhören ist in dieser Perspektive etwas, das mehrere Beteiligte zusammen gestalten, wobei Handlungs- und Organisationskapazitäten sachlich, sozial und insbesondere auch zeitlich variieren – und mitunter sehr unterschiedlich und ungleich verteilt sind. Es geht dann womöglich darum, überhaupt aufhören zu können. Oftmals stellen sich aber auch Fragen des Müssens, Wollens oder Dürfens. Wie sich Mitwirkende, Einbezogene und Dritte koordinieren und synchronisieren, ist dabei nicht selten ebenso fraglich wie das Maß an Interpretations- und Identitätsarbeit, das von ihnen womöglich zu leisten ist.
Hier setzt die Lehrforschung an. Dafür werden wir primär nach dem Wie des Aufhörens fragen – und Warum-Fragen sowie Was-ist-Fragen vorläufig zurückstellen. Das hat nicht zuletzt damit zu tun, dass das „Was?“ und „Warum?“ in Prozessen des „Wie aufhören?“ selbst äußerst klärungsbedürftig ist. Die Beteiligten sind sich darüber selbst nicht immer im Klaren. Anders formuliert: Warum- und Was-Fragen interessieren uns in erster Linie dann, wenn sie im Untersuchungsfeld selbst zur Sprache kommen. Sie fungieren dagegen nicht als Leitgedanken unserer eigenen Studien.
VORBEREITENDE LEKTÜRE FÜR UNSERE SITZUNGEN
Das gemeinsame Arbeiten in der Lehrforschung basiert darauf, dass alle Beteiligten sich mit der vorbereitenden Lektüre zu den jeweiligen Sitzungen befasst haben. Rechnen Sie bitte mit etwa 50 Normseiten pro Treffen, manchmal etwas mehr, manchmal etwas weniger. Berücksichtigen Sie dabei bitte, dass es sich um vierstündige Sitzungen handelt und sie mit der zweisemestrigen Lehrforschung auch zugleich zwei Module Ihres Studiums absolvieren.
Gleichzeitig ist es eine ausgesprochene Zumutung, Texte zu lesen, die andere für einen ausgesucht haben. Das ist völlig klar. Doch zählen gemeinsame Lektüren zu den besten Grundlagen, um sich mit komplizierten Vorgängen und Sachverhalten zu befassen, sie analytisch zu durchdenken und eine eigenständige, selbstbewusste Position zu den Dingen zu entwickeln. Geben Sie den Texten daher bitte eine faire Chance. Sie haben es verdient.
Falls es Ihnen vor der Sitzung – aus welchen Gründen auch immer – nicht gelingt, die betreffenden Texte vorzubereiten, kommen Sie bitte auf keinen Fall in die Veranstaltung. Sie werden nichts davon haben. Gehen Sie lieber Kaffee trinken oder ins Schwimmbad.
TIPP ZUM WISSENSCHAFTLICHEN ARBEITEN
Das Dossier „Wissenschaft als Handwerk“ des Fachportals Soziopolis bietet Ihnen diverse Hilfestellungen, um eine Hausarbeit zu konzipieren und zu schreiben. Schauen Sie sich doch mal um, ob für Sie etwas dabei ist. https://www.soziopolis.de/dossier/wissenschaft-als-handwerk.html
Rhythmus | Tag | Uhrzeit | Format / Ort | Zeitraum | |
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wöchentlich | Mi | 14-18 | B2-280 | 07.04.-18.07.2025 |
Modul | Veranstaltung | Leistungen | |
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30-M-Soz-M2_LF2 Lehrforschung in Soziologischer Theorie | Alternativ zu Seminar 1 und Seminar 2: großes Seminar | Studienleistung
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Studieninformation |
Die verbindlichen Modulbeschreibungen enthalten weitere Informationen, auch zu den "Leistungen" und ihren Anforderungen. Sind mehrere "Leistungsformen" möglich, entscheiden die jeweiligen Lehrenden darüber.
DISKUSSIONSPAPIER UND FORSCHUNGSDESIGN (SCHREIBWERKSTATT)
Im Sommersemester (Teil 1 der Lehrforschung) haben Sie die Aufgabe, ein Diskussionspapier und ein Forschungsdesign zu verfassen, um Ihre Studie schrittweise voanzubringen
Dafür werden wir immer wieder Schreibwerkstatt-Anteile in die Lehrforschung integrieren. Der Schreibwerkstatt-Charakter der Lehrforschung dient also dazu, das Verfassen wissenschaftlicher Texte zu diskutieren und vorzubereiten. Daher werden wir über Tipps, Tricks und Schwierigkeiten sprechen, die mit dem wissenschaftlichen Schreiben verbunden sind, und nach und nach beginnen, an eigenen Studien zu arbeiten.
Gerne können Sie die Veranstaltung auch nutzen, um ein Konzept für Ihre Masterarbeit zu entwickeln.